Rollstuhlgerecht planen und bauen

Menschen, die auch im fortgeschrittenen Alter die Autonomie in den eigenen vier Wänden bewahren möchten, werden früher oder später mit dem Thema Barrierefreiheit konfrontiert. Manche Menschen betrifft es durch Unfälle oder Krankheiten schon in jüngeren Jahren. Doch was definiert eine Wohnung als barrierefrei? Welche Anforderungen müssen erfüllt sein?

Dieser Artikel gibt Aufschluss darüber, welche Merkmale eine Wohnung tatsächlich als barrierefrei oder rollstuhlgerecht kennzeichnen. Tatsache ist, dass Bauherren, die ein barrierefreies Haus errichten oder umbauen möchten, zahlreiche Aspekte berücksichtigen müssen und möglicherweise mit erheblichen Kosten konfrontiert werden. Es wird erläutert, wie Bauherren barrierefreie Bauprojekte realisieren können und welche staatlichen Förderungen ihnen dabei zur Verfügung stehen.

Inhalt der Seite

Wichtigkeit der Barrierefreiheit für die Gesellschaft

Die Bedeutung von Barrierefreiheit für die Gesellschaft ist enorm. Eine barrierefreie Umgebung ermöglicht Menschen mit Behinderungen, älteren Menschen und anderen Personen mit eingeschränkter Mobilität, uneingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und ihre Selbstständigkeit zu bewahren.

Durch die Beseitigung physischer und kognitiver Hindernisse in öffentlichen Gebäuden, Verkehrsmitteln, Arbeitsstätten und Wohnungen wird nicht nur die Inklusion gefördert, sondern auch die Vielfalt und das soziale Miteinander gestärkt. Barrierefreiheit ist daher ein wesentlicher Bestandteil einer gerechten und inklusiven Gesellschaft, die darauf abzielt, die Lebensqualität und Chancengleichheit für alle Mitglieder zu verbessern.

Was genau ist barrierefreies und rollstuhlgerechtes Bauen?

Das Konzept des barrierefreien Bauens zielt darauf ab, im Alltag so wenig Hindernisse wie möglich für Personengruppen mit eingeschränkter Mobilität zu schaffen. Die konkreten Anforderungen variieren je nach den individuellen Bedürfnissen der Menschen. Zum Beispiel benötigen Rollstuhlfahrer ausreichend breite Türen, während für taube Personen eine optische Klingel sinnvoll ist. Obwohl barrierefreie Wohnungen unterschiedlich ausgestattet sein können, gibt es allgemeine Standards, die darauf abzielen, so viele Barrieren wie möglich abzubauen.

Für Menschen, die ein barrierefreies Zuhause benötigen oder für zukünftige Bedürfnisse vorsorgen möchten, ist es wichtig, einige Dinge zu beachten. Oftmals lassen sich die Bedürfnisse der Zukunft nicht vollständig mit den aktuellen Bedingungen vereinbaren. Dennoch bietet das barrierefreie Bauen einen großen Vorteil: Alle erforderlichen Anpassungen können von Anfang an geplant und umgesetzt werden, was in der Regel kostengünstiger ist, als Barrieren beim Bau einzubauen und später wieder zu entfernen. Glücklicherweise gibt es Fördermöglichkeiten für den altersgerechten Umbau von Immobilien.

Gesetzliche Grundlagen und Standards

Insbesondere bei der Beschreibung von Immobilien werden neben Begriffen wie „barrierefrei“ oder „behindertengerecht“ oft Adjektive wie „seniorengerecht“, „altengerecht“ oder „barrierearm“ verwendet. Diese Begriffe suggerieren, dass die Wohnsituation im jeweiligen Haus oder der Wohnung auf die Bedürfnisse älterer oder bewegungseingeschränkter Menschen zugeschnitten ist. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nur die Begriffe „barrierefrei“ und „rollstuhlgerecht“ gesetzlich definiert sind, während alle anderen viel Interpretationsspielraum bieten.

Überblick über relevante Gesetze und Normen

Damit Sie einen umfassenden Überblick über die Normen des Behindertengleichstellungsgesetzes bekommen, stellen wir Ihnen nachfolgend die wichtigsten Gesetze und Normen kurz vor:

Barrierefrei und rollstuhlgerecht:  Die beiden Begriffe „barrierefrei“ und „rollstuhlgerecht“ sind präzise definiert und garantieren spezifische Ausstattungsmerkmale gemäß der DIN 18040. Diese DIN Normen legen Standards für barrierefreies Planen, Bauen und Wohnen fest.

Die DIN 18040-1 beschäftigt sich mit der Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden, während die DIN 18040-2 die barrierefreie Gestaltung von Wohngebäuden normiert. Im privaten Wohnbereich werden zwei Standards unterschieden: barrierefrei nutzbare Wohnungen und barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbare Wohnungen.

Eine rollstuhlgerechte Wohnung erfüllt alle Standards einer barrierefreien Wohnung und zusätzlich spezifische Anforderungen. Während eine barrierefreie Wohnung beispielsweise eine Türdurchgangsbreite von 80 Zentimetern haben kann, sind laut DIN für Rollstuhlfahrer 90 Zentimeter erforderlich. Barrierefreiheit wird durch Bewegungsflächen von 120 × 120 Zentimetern gewährleistet, während für eine rollstuhlgerechte Wohnung Flächen von 150 × 150 Zentimetern benötigt werden, insbesondere in Bereichen wie Badezimmer oder Küche.

Seniorengerecht und altengerecht: Während barrierefrei und rollstuhlgerecht gesetzlich definiert sind, ist das bei „seniorengerecht“ und „altengerecht“ nicht der Fall. Theoretisch heißt das, dass ein Vermieter schon eine Wohnung mit Haltegriffen im Badezimmer als seniorengerecht oder altengerecht bezeichnen kann. Häufig verbirgt sich hinter einer als „seniorengerechten“ und „altengerechten“ angepriesenen Wohnung jedoch sogar eine gänzlich normale Wohnung.

Bestenfalls sind bestimmte infrastrukturelle Faktoren in der Umgebung vorhanden und die „seniorengerechte“ Wohnung liegt in der Nähe von Einkaufsmöglichkeiten, Ärzten oder Apotheken. Eine solche Beschreibung ist durchaus zulässig, denn mit den Adjektiven „seniorengerecht“ und „altengerecht“ müssen mangels Definition keine besonderen Ausstattungsmerkmale verbunden sein.

Barrierearm, schwellenarm und barrierereduziert: Die Begriffe „barrierearm“, „schwellenarm“ und „barrierereduziert“ sind ebenfalls nicht näher definiert. Das bedeutet, dass bei der Besichtigung einer mit diesen Adjektiven beschriebenen Wohnung möglicherweise ein Aufzug, ein Treppenlift oder eine bodengleiche Dusche vorhanden sind oder auch nur geringfügige Schwellen.

Bei solchen Beschreibungen ist Vorsicht geboten, da andere wichtige Kriterien wie ausreichend große Bewegungsflächen und Türdurchgänge nicht durch diese Begriffe definiert sind und eher nicht zu erwarten sind.

Behindertengerecht: Aufgrund der Vielzahl möglicher Behinderungen definiert der Begriff keine standardisierten Ausstattungskriterien. Wenn eine Wohnung als „behindertengerecht“ bezeichnet wird, bedeutet dies, dass sie an die individuellen Bedürfnisse des Bewohners angepasst ist. Dies kann bedeuten, dass die Wohnung vollständig rollstuhlgerecht zugänglich ist, Tische, Herd und Arbeitsplatten unterfahrbar sind und die Toilette erhöht und mit einer Stützhilfe versehen ist.

Raumplanung und Zugänglichkeit

Das Planen und Bauen von rollstuhlgerechten Einrichtungen erfordert eine sorgfältige Berücksichtigung einer Vielzahl spezifischer Anforderungen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Mobilitätseinschränkungen vollständigen Zugang und Nutzungsmöglichkeiten haben.

Vor allem müssen barrierefreie Zugänge gewährleistet werden, damit sichergestellt wird, dass Menschen mit Einschränkungen Zugang zu Gebäuden und Räumen haben. Ebenso wichtig sind ausreichend breite Türen und Flure, um den Durchgang eines Rollstuhls zu ermöglichen. Die Mindestbreite richtet sich nach den entsprechenden Bauvorschriften oder Standards. Zudem ist ein ausreichender Wendekreis für Rollstuhlfahrer in Räumen und auf Wegen wichtig, damit Rollstuhlfahrer sich problemlos bewegen können.

Badezimmer und Toiletten sollten groß genug sein, damit Rollstuhlfahrer sie problemlos nutzen können. Haltegriffe, rollstuhlgerechte Waschbecken und Toiletten mit ausreichendem Platz sind essenziell.

Damit sich die Menschen in der Küche bewegen und arbeiten können, sollten Arbeitsplatten, Waschbecken und andere Einrichtungsgegenstände in geeigneter Höhe installiert sein, um für Rollstuhlfahrer erreichbar zu sein.

Ein glatter und rutschfester Bodenbelag ist wichtig, um das Rollen des Rollstuhls zu erleichtern und Stürze zu verhindern. Türgriffe und Bedienelemente müssen leicht zu greifen und zu bedienen sein. Für sehbehinderte oder blinde Personen sollten taktile Bodenindikatoren und visuelle Hinweise angebracht werden, um Orientierung und Navigation zu erleichtern. Obendrein muss jeder Raum gut beleuchtet sein, damit die Sichtbarkeit und Sicherheit von Rollstuhlfahrern verbessert wird.

Im Außenbereich sollten ausreichend Parkplätze für Menschen mit Behinderungen reserviert werden. Zudem sollten alle Gehwege für Rollstuhlfahrer geeignet sein.

Die hier aufgezählten Aspekte sind nicht abschließend, da die Anforderungen je nach Standort, Nutzungszweck und den spezifischen Bedürfnissen der Nutzer variieren können. Es ist wichtig, relevante lokale Bauvorschriften und -standards zu berücksichtigen und gegebenenfalls mit Fachleuten wie Architekten, Bauingenieuren und Behindertenorganisationen zusammenzuarbeiten, um eine umfassende rollstuhlgerechte Planung und Gestaltung zu gewährleisten.

Integration moderner Hilfsmittel

Die Integration moderner Hilfsmittel und Technologien spielt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer inklusiven und rollstuhlgerechten Umgebung.

Einsatz von Technologien für Barrierefreiheit

So ist die Installation automatischer Türöffner und –Schließer sinnvoll, denn diese können in Eingängen und Türen installiert werden, um Rollstuhlfahrern den Zugang zu erleichtern. Sensoren erkennen automatisch, wenn sich eine Person nähert und können die Tür entsprechend öffnen.

Intelligente Beleuchtungssysteme sind mit Bewegungssensoren ausgestattet, welche die Beleuchtung automatisch aktivieren, wenn sich jemand in einem Raum befindet. Zudem ist es auch möglich, anpassbare Einstellungen für Helligkeit und Farbtemperatur zu integrieren, um die Bedürfnisse verschiedener Benutzer zu erfüllen.

Allgemein können alle Bedienelemente im Haus oder in der Wohnung über Touchscreen oder Sprachsteuerung verwendet werden, um Rollstuhlfahrern die Bedienung zu ermöglichen. Das gilt nicht nur für die Lichtschalter, sondern auch für die Heizung oder die Sicherheitssysteme. Im Fahrstuhl sind Sprachansagen eine gute Idee.

Infrastrukturelle Anpassungen für eine inklusive Umgebung

Infrastrukturelle Anpassungen für eine inklusive Umgebung können eine Vielzahl von Maßnahmen umfassen, um sicherzustellen, dass Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Bedürfnissen und Hintergründen gleichberechtigt Zugang zu Ressourcen, Dienstleistungen und öffentlichen Räumen haben. So gehört zu den infrastrukturellen Anpassungen natürlich auch wieder ein barrierefreier Zugang. Dieser umfasst Rampen, Aufzüge, breite Türen und Flure, um sicherzustellen, dass Personen mit Mobilitätseinschränkungen wie Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer problemlos Zugang zu Gebäuden und öffentlichen Räumen haben.

Die Bereitstellung von barrierefreien Transportmitteln wie rollstuhlzugänglichen Bussen, U-Bahnen und Bahnhöfen ist die Voraussetzung für eine inklusive Umgebung und dafür, dass sich Menschen mit Mobilitätseinschränkungen fortbewegen können. Taktile Bodenindikatoren und Hinweisschilder können Menschen mit Sehbehinderungen dabei helfen, sich in öffentlichen Bereichen zu orientieren. Während Höranlagen in öffentlichen Räumen ermöglichen, dass Personen mit Hörbeeinträchtigungen verschiedene Veranstaltungen besser verfolgen können. Das ist zum Beispiel für Theater, Kinos und Versammlungshallen sinnvoll.  

Auch die öffentlichen Sanitäranlagen müssen angepasst sein. Barrierefreie Toiletten und Wickeltische sind wichtig, um sicherzustellen, dass Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen die sanitären Einrichtungen nutzen können. Die Platzierung von Schaltern, Bedienelementen und anderen Einrichtungen sollte auf einer Höhe sein, die für Rollstuhlfahrer zugänglich ist.

Auch die Bereitstellung von Informationen muss für alle Menschen zugänglich sein, also in verschiedenen Formaten wie Brailleschrift, Großdruck, leichter Sprache und mehrsprachigen Ausführungen vorliegen. Das ermöglicht es, dass Menschen mit unterschiedlichen kognitiven Fähigkeiten und Sprachkenntnissen Zugang zu den Informationen haben.

Barrierefreie Beschilderung und Informationszugang

Eine barrierefreie Beschilderung und ein barrierefreier Informationszugang sind entscheidend, um sicherzustellen, dass Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen Informationen klar verstehen und sich in ihrer Umgebung orientieren können. Hier sind einige wichtige Aspekte, die bei der Gestaltung barrierefreier Beschilderung und Informationszugänge berücksichtigt werden sollten:

  • klare und deutliche Gestaltung der Beschilderungen,

  • taktile Hinweise mit erhabenen Buchstaben und Symbolen sowie Braille-Schrift (internationale Blindenschrift),

  • mehrsprachige Beschilderung beziehungsweise einfache Sprache,

  • universelles Design (verständlich für alle Menschen unabhängig von ihren kognitiven Fähigkeiten oder ihrem kulturellen Hintergrund)

  • Verwendung von Piktogrammen und Symbolen,

  • Leitsysteme in öffentlichen Gebäuden und im öffentlichen Raum,

  • digitale Beschilderung und Multimedia,

  • sinnvolle Platzierung und Positionierung sowie

  • regelmäßige Wartung und Überprüfung.

Kosten und Fördermöglichkeiten

Barrierefreier Wohnraum ist nicht günstig. Doch es gibt Fördermöglichkeiten für Betroffene. Personen, die aufgrund eines akuten Falls ihre Wohnung barrierefrei umbauen müssen, sollten zunächst ihre Krankenkasse kontaktieren. In einigen Fällen gewährt die Krankenkasse Zuschüsse und nennt die entsprechenden Bedingungen. Zusätzlich können sich die Pflegekasse oder die Pflegeversicherung an den Kosten beteiligen, insbesondere bei Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds, mit einem Betrag von bis zu 4.000 Euro.

Des Weiteren bietet die KfW-Bank Förderungen für Maßnahmen an, um eine Immobilie altersgerecht umzubauen. Hierzu gehört ein günstiger Kredit von bis zu maximal 50.000 Euro. Darüber hinaus gibt es einen Zuschuss: Wenn nach dem Umbau die gesamte Wohneinheit den KfW-Standard „Altersgerechtes Haus“ erfüllt, der weitgehend den Anforderungen der DIN 18040 entspricht, übernimmt die KfW 12,5 Prozent der Kosten, begrenzt auf maximal 6.250 Euro.

Fazit

In einer Welt, die von Vielfalt und Inklusion geprägt ist, ist die rollstuhlgerechte Planung und Gestaltung von entscheidender Bedeutung. Durch die Schaffung barrierefreier Umgebungen können wir sicherstellen, dass Rollstuhlnutzer gleichberechtigten Zugang zu allen Bereichen des Lebens haben und ihre vollen Potenziale ausschöpfen können. Barrierefreies Bauen kann im Wohnungsmarkt einen großen Unterschied machen und im Zuge der Ausführung beim Neubau für eine Preissteigerung sorgen.

Die Norm kann von Bundesländern unterschiedlich gehandhabt werden, weshalb es als Bauherr besonders wichtig ist, sich Tipps einzuholen, bevor man den Wohnungsbau angeht und ein barrierefreies Wohnumfeld schafft. Egal, ob auf Bundes- oder Landesebene, die Einbeziehung von Standards für barrierefreies Bauen und die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen mit eingeschränkter Mobilität sollte eine Priorität sein. Dies trägt nicht nur zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen bei, sondern erhöht auch den Wert und die Attraktivität von Immobilien auf dem Markt. Indem Bauherren sich über lokale Vorschriften und Best Practices informieren, können sie Projekte realisieren, die sowohl funktional als auch inklusiv sind und einen positiven sozialen Wandel fördern.

Mehr über a better place erfahren Sie auf der Startseite

Finanzierung

Denken Sie rechtzeitig an die Finanzierbarkeit Ihres Bauvorhaben. Je nach präferierter Bauweise empfehlen wir folgende Partner, um Zinsen zu sparen:

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shopping Cart
0
Cookie-Einwilligung mit Real Cookie Banner